Zukunft Mittelstand

Zurück in die Zukunft. Ein Weckruf aus der Wirtschaft

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AdobeStock, frank peters

Zur Chipindustrie

29. September 2023

Die weltweite Verknappung von Integrierten Schaltkreisen (Chips) hat die Lieferketten massiv gestört und die Abhängigkeit sowie Zerbrechlichkeit ganzer Märkte aufgezeigt. Zudem kommt fast jeder zweite Chip aus Taiwan, einem Hotspot natürlicher aber auch politischer Erdbeben und Risiken. Das hat man jetzt in den USA und in Europa erkannt und steuert mit gigantischen Investitionsmitteln gegen. Man unterstützt und lockt die Giganten der Branche mit Steuermitteln im Bereich über 100 Milliarden €. Die Fabs sollen ab dem Jahr 2027 unter anderem in Deutschland in Betrieb gehen. Diese Innovationswende ist nicht Ausdruck geplanten politischen Handelns der deutschen Regierungskoalition, sondern geopolitisch vorgegeben. Man kann jetzt im Europäischen Rahmen aktiv mitwirken und muss die Hausaufgaben in Sachen Bildung und Infrastruktur im eigenen Land machen.

Die von der Politik zugesagten „Milliarden für Mega-Fabs“ werden inzwischen von den Verhandlungsführern enthusiastisch gefeiert, provozieren aber auch eine kritische Bewertung. Sicherlich entstehen damit in Deutschland qualifizierte Arbeitsplätze in den Chip-Fabriken und ein positives Image des Standorts. Die Kritik und die in den laufenden Diskussionen vorgetragenen Bedenken sind aber absolut ernst zu nehmen und mit entsprechenden Maßnahmen und Vorgaben zu begleiten. Es gilt, die geplanten Subventionen rechtssicher sowie effektiv zu halten, gezielt einzusetzen, um diese vor den deutschen Steuerzahlerinnen und -zahlern rechtfertigen zu können.

Zu den Bedenken gehören die umgerechnet Millionen Euro schweren Unterstützungen für einen einzelnen Hightech-Arbeitsplatz, die noch nicht sichtbaren, aber notwendigen Ausbildungsplätze an den Hochschulen, die lokale Konzentration von umworbenen Spitzenkräften am Arbeitsmarkt und eine noch nicht gefestigte Willkommenskultur in den bevorzugten Regionen.

Eine Chip-Fabrik für 6nm Strukturen zielt auf den Handy-Markt und sorgt für Gewinne ausländischer Konzerne, festigt und beflügelt aber nicht vorhandene europäische und deutsche Spitzenstellungen unter anderem in Industrie- und Automobiltechnik. Hier werden auch in Zukunft robuste Halbleiter-Chips in 90- bis 350-nm-Technologien mit langfristiger Verfügbarkeit nachgefragt. Der allseits beklagte Chip-Mangel betrifft nicht nur Mikroprozessoren, sondern auch Mixed-Signal Peripherie-ICs, Regler, Treiber, Sensoren und ganze Systems-on-Chip. Statt der reinen Fab-Förderung als „Chip-Act“ und Cluster wäre ein „Electronic-Act“ in Europa besser gewesen. Dieser würde auch die vielen mittelständisch geprägten Unternehmen – oft Hidden Champions und Weltmarktführer – in ihren Applikationen einbeziehen: also Mikroelektronik mit neuen Chips, im optimierten Package und auf Leiterplatten. Dieser Ansatz für die breite Anwendung mag weniger spektakulär sein, wäre aber auf hiesige Industrien zugeschnitten, effektiv mit nachhaltiger Wertschöpfung und Fertigungstiefe zur Sicherung des Standorts samt nachgelagerten Arbeitsplätzen. Wir müssen die vorhandenen Stärken der europäischen und deutschen Wirtschaft erhalten und ausbauen.

Natürlich brauchen wir die Halbleiter-Fabs in Europa, aber bitte mit den passenden Technologien und Strukturen, die insbesondere den Zugriff auf Basis externer Designs aus der Industrie erlauben. TSMC ist eine solche sehr erfolgreiche „Foundry“ als Siliziumschmelze und gleichzeitig Technologiedienstleister. Dieses Modell sollte den mit Steuergeldern hoch geförderten Wafer-Fabriken auferlegt werden, die also ihre Technologien den Anwendern öffnen, den Design-Häusern und fabless IC-Herstellern. Dass das geht, beweisen TSMC und andere Foundries. Die europäische Industrie will nicht ausschließlich angebotene Standard-ICs einsetzen, sondern muss in den gesamten Prozess eingebunden werden, insbesondere wenn hier reichliche Mengen an Steuergeldern fließen. Die Politik hat es in der Hand, diesen wichtigen Zugriff auf die Technologien an Subventionszusagen zu koppeln sowie zu sichern und damit eine echte Innovationswende zu erreichen.

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29. September 2023
Dr. Heiner Flocke
Heiner Flocke, Dr.
Geschäftsführer, iC-Haus GmbH

Geschäftsführer der iC-Haus GmbH und Vorsitzender des patentverein.de e.V.

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