Zukunft Mittelstand

Zurück in die Zukunft. Ein Weckruf aus der Wirtschaft

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AdobeStock, frank peters

Vielfältigkeit in den Lösungen als Leitmotiv

23. Juli 2024

Die Europäische Union hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Die Bundesregierung will dieses Ziel in Deutschland sogar schon bis 2045 erreichen. Eine der größten Herausforderungen dabei besteht darin, die Klimaschutzziele und die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen miteinander zu verbinden. Gelingen kann das nur, indem wir eine Klimapolitik vorantreiben, die statt symbolischen Maßnahmen oder ideologischen Symbolen eine Bandbreite an technologischen Lösungen in den Vordergrund stellt.

Im Bundesministerium für Digitales und Verkehr haben wir uns bei Regierungsantritt vor nun knapp drei Jahren aus gutem Grund Vielfältigkeit in den Lösungen zu unserem Leitmotiv für den Verkehrssektor gemacht. Statt nach einem Blick in die Glaskugel alles auf eine Karte zu setzen und die eine vermeintlich richtige Technologie zu fördern, sind wir der Überzeugung, dass wir nur mit einer Vielzahl an innovativen Technologien und attraktiven Mobilitätsangeboten die Antriebswende vollbringen und die Klimaschutzziele erreichen können. Statt Verboten und Einschränkungen stellen wir die Alltagstauglichkeit an oberste Stelle, um die Menschen zu mehr Klimaschutz zu motivieren. Denn verkehrsbedingte Emissionen resultieren in erster Linie aus dem individuellen Handeln vieler Menschen. Doch wie kann das in der Praxis aussehen?

Kürzlich habe ich mein privates Auto mit einem dem klimafreundlichen Kraftstoff HVO100 bestehend aus Rest- und Abfallstoffen betankt. Dass dieser seit Juni an öffentlichen Tankstellen in Deutschland zur Verfügung steht, geht auf eine Initiative der FDP in der Bundesregierung zurück. Angesichts von 50 Millionen PKW in Deutschland, können solche Kraftstoffe, aber auch klimaneutrale E-Fuels einen bedeutenden Beitrag zur Klimaneutralität leisten und geben Autofahrern gleichzeitig die Option zwischen synthetischen Kraftstoffen oder einem E-Auto zu entscheiden, um klimafreundlich unterwegs zu sein. Für mich als Autofahrer hat sich an der Tankstelle mit dem HVO100 Kraftstoff nichts verändert – Praxistauglichkeitstest in meinen Augen daher bestanden!

Dass vor allem attraktive Angebote an klimafreundlichen Alternativen die Menschen abholen, zeigt sich auch anhand des Deutschlandtickets: Seit der Einführung im Mai 2023 macht es die Nutzung von Bus und Bahn im Nahverkehr digitaler, unkomplizierter und erschwinglicher. Durch das Deutschlandticket konnten wir erstmals Verlagerungseffekte von der Straße auf die Schiene feststellen. Die Menschen lassen also das Auto stehen und nutzen stattdessen den öffentlichen Nahverkehr. Das Deutschlandticket ist damit ein wahrhaftiger Geniestreich des Verkehrsministers Volker Wissing und zeigt einmal mehr den Stellenwert, den der klimafreundliche Verkehrsträger Schiene in der aktuellen Bundesregierung hat.

Auch deshalb arbeite ich als Schienenverkehrsbeauftragter der Bundesregierung mit Hochdruck daran, das ambitionierte Ziel, bis 2030 die Fahrgastzahlen im Personenverkehr zu verdoppeln und mehr Güter von der Straße auf die klimafreundliche Schiene zu verlagern, umzusetzen. Hierfür haben wir zum Beispiel das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz verabschiedet, was die Planung von neuen Infrastrukturvorhaben entbürokratisiert, digitalisiert und damit deutlich beschleunigt. Gleichzeitig gehen wir die Modernisierung des überlastenden, veralteten und teilweise maroden Schienennetzes mit der Generalsanierung der Hochleistungskorridore an. 40 Schienenkorridore mit einer Gesamtlänge von rund 4.000 km werden ab Juli 2024 von Grund auf erneuert und modernisiert. Damit ist es das größte Sanierungsprogramm der jüngeren Geschichte.

Damit das auch gelingt und die Schiene weiterhin ein moderner und leistungsfähiger Verkehrsträger für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, den Mittelstand und den Wirtschaftsstandort Deutschland allgemein bleibt, hat die Bundesregierung die Mittel für die Sanierung des Schienennetzes im Zeitraum von 2024 bis 2027 von 42 auf über 70 Milliarden Euro erhöht. Das sogar unter Einhaltung der Schuldenbremse. Und zu guter Letzt konnte sich über den Umweg Vermittlungsausschuss kürzlich mit dem Bundesrat auf die Reform des Bundesschienenwegeausbaugesetzes geeinigt werden, wodurch der Bund ab sofort noch mehr Möglichkeiten hat, sich an der Finanzierung der Schieneninfrastruktur in Deutschland, etwa bei Bahnhofsgebäuden oder der Digitalisierung der Schiene, zu beteiligen. Im Bereich Schiene tut sich also nach Jahren der stiefmütterlichen Behandlung endlich etwas – und das ist dringend notwendig, denn der klimafreundliche Verkehrsträger ist zentral für die Verkehrswende.

Aber wir müssen den Blick neben der Schiene auch auf eine andere Komponente der Verkehrswende richten: die Elektromobilität. Wir brauchen auch den Hochlauf der Elektromobilität als Schlüsseltechnologie, weshalb das Bundesministerium für Digitales und Verkehr den Ausbau Ladesäuleninfrastruktur konsequent fördert. Die Zahl der Ladepunkte hat sich seit Amtsantritt der Bundesregierung mehr als verdoppelt. 22 Prozent der öffentlich zugänglichen Ladepunkte wurden mit Fördermitteln des Verkehrsministeriums unterstützt. Aktuell sind in Deutschland insgesamt ca. 115.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte in Betrieb, Tendenz steigend. Ziel der Bundesregierung ist es 15 Millionen E-Pkw bis 2030 auf die Straße zu bringen. Und das gelingt eben nur, indem man eine flächendeckende, bedarfsgerechte und nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur schafft und den Menschen damit ein attraktives Angebot für die Nutzung von E-Autos macht.

Ich glaube, dass wir in der Europäischen Union und insbesondere in Deutschland eine zukunftsorientierte Klimapolitik vorantreiben müssen. Eine, die nicht auf eine perfekte Lösung setzt und den Menschen die eine Technologie aufzwingt, sondern eine, die Innovation fördert, mehr Technologieoffenheit zulässt, und CO2 dort einspart, wo es sich am billigen vermeiden lässt. Also eine Future by technology anstatt Fridays for Future.

Mit der Flexibilisierung des Klimaschutzgesetz haben wir als Bundesregierung letzteres schon bewerkstelligt. Der neue sektorübergreifende Ansatz führt dazu, dass der Klimaschutz dort erbracht werden kann, wo es volkswirtschaftlich am verträglichsten ist. Damit machen wir den Klimaschutz noch stärker zu einer Gemeinschaftsaufgabe innerhalb der Bundesregierung und gestalten ihn dichter an der Lebensrealität der Menschen. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bzw. 2050 kann nur schrittweise und im Einklang mit sozialer und ökonomischer Vernunft erreicht werden, auch um die notwendige breite gesellschaftliche Akzeptanz der Maßnahmen nicht zu gefährden. Denn das Erstarken populistischer Kräfte bei der Europawahl hat uns einmal mehr vor Augen geführt: Wir müssen in einer Demokratie immer um Unterstützung werben.

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23. Juli 2024
Michael Theurer
Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr
Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, Deutscher Bundestag

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